Friedrich Schorlemmers Maxime „Klar sehen und doch hoffen“

„Wenn sie überlegen, eine Biographie zu schreiben – lassen sie es!“, riet der 68jährige dem Publikum am Dienstagabend während der Autorenlesung im Burghaus Bielstein. Beim Schreiben werde viel aufgewühlt, aber ihm sei auch oft klar geworden, dass er reichlich bewahrt wurde in seinem Leben.


Friedrich Schorlemmer – Foto: Christian Melzer

Friedrich Schorlemmers Name ist eng verbunden mit der legendären Aktion der unabhängigen Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen!“. Es sollte damals nicht provoziert sondern ermutigt werden, betonte er. Das bekannte Lied aus dieser Zeit: „Ein jeder braucht sein Brot sein‘ Wein, und Frieden ohne Furcht soll sein.“ erhielten die Gäste im Burghaus als kleine Gesangseinlage von Schorlemmer. Dazu ein kurzer Einspieler über Beamer zu den Aktionen der Bürgerbewegung. Ebenso ein Interview mit ihm vom 25.September 1983 in dem er sich positiv zu einem Leben in der DDR äußerte und er sich offenen Dialog wünschte. Die sechs Jahre danach waren unglaublich lang und im Herbst 1989 war er dann Mitbegründer der Bewegung „Demokratischer Aufbruch“.

Wichtig ist ihm: „Wir verstehen Menschen nur, wenn wir die Zeitumstände mit in den Blick nehmen.“ So gab ihm sein Vater ihm „Im Westen nichts Neues“ in jungen Jahren als Literatur an die Hand – der Mann, der 1934 noch einer schlagenden Verbindung angehörte und Schorlemmers Großmutter von einer wunderbaren Rede Göbbels schrieb. Der 1944 in Wittenberge an der Elbe geborene Pfarrerssohn Friedrich Schorlemmer geht in seiner Biographie auf seine Wurzeln ein und zeigt, wie man sich im Wandel treu bleiben kann. Er erzählt von Freiheit mitten in der Enge. Auszüge davon gab er auch in der Autorenlesesung preis und das mit solch einem Enthusiasmus, dass er seine Zuhörer wie gebannt seine Ausführungen verfolgten.

Sehr bildlich – mit Händen und Füßen – erzählt er vieles aus seinem Leben. Richtig böse wird er, wenn man ihn vorstellt als ehemaligen Bürgerrechtler – er „ist“ Bürgerrechtler, mit Leib und Seele, betont Schorlemmer. Er müsse darüber reden was war und auch offen dagegen angehen, was jetzt passiere. Immer wieder baute er kleine Gags ein. So erinnerte er sich an einen Leichnam – und der heiße Deutsche Demographische Republik. Wichtig bei seinem Erinnern ist: „40 Jahre waren wir getrennt, dabei war die DDR kein Zufallsprodukt. Und das Zusammenwachsen dauert so lange wie die Trennung.“ Zur Zeit der DDR waren ihm Westbesucher irgendwann nicht mehr erlaubt – aber er ist ein Lückensucher. Da fuhren die Freunde aus Köln eben offiziell zu Nachbarn von Schorlemmers. Mit einem verschmitzten Lächeln fügt er zu den Schwierigkeiten dieser Zeit hinzu: „Es war schlimm, aber manchmal war es nicht so schlimm.“

Sein Hauptanliegen ist es, dass man sich die Freiheit nur nehmen und nicht geben lassen könne. „Klar sehen und doch hoffen“ ist seine Lebens-Maxime. Und er ist der Meinung, dass wir Utopien und Realismus brauchen. In seinem Buch versucht Schorlemmer deutlich zu machen, dass es um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung geht. Und so ist sein Fazit: „Viel Schwieriges wurde überwunden – warum sollte das nicht weiter gelingen. Der Bürgerrechtler und Visionär gehört zu jenen engagierten Theologen, die weit über die Kirche hinaus wirken und machte am Dienstagabend Lust auf sein Buch „Klar sehen und doch hoffen“.

Vera Marzinski

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