Susanne Schmidt, geboren 1947, war jahrzehntelang Top-Bankerin in London – in den letzten zehn Jahren Moderatorin und Kommentatorin des Börsensenders Bloomberg-TV. Die Ökonomin hat jetzt ein Buch über die Finanzmarktkrise geschrieben – ein beeindruckendes Buch mit einem fesselnden Schreibstil geschrieben. Im Burghaus Bielstein las die Tochter des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt am 21. April 2010 Passagen aus ihrem Buch „Markt ohne Moral“ und stand den Fragen von Hörfunk-Redakteurin Iris Trespe Rede und Antwort.
Susanne Schmidt – Foto: Christian Melzer
Die Finanzkrise war ein Böses Erwachen, so Susanne Schmidt, – auch wenn einige es kommen sahen, das seien aber die Wenigsten gewesen. Im August 2007 fing eigentlich alles an und fand den Höhepunkt in der Lehmann-Pleite. Diesen sehr dramatischen Tagen, habe man sich gar nicht entziehen können. Susanne Schmidt hat sie als hochdramatisch empfunden und hatte ganz klar Angst vor Jobverlust und das das Angesparte den Bach runter gehe.
Der Ausgangspunkt für die Finanzkrise lag in den globalen Veränderungen. Durch die Globalisierung waren die Investmentbanker die gefragten Leute, unter anderem machte ihnen das billige Notenbankgeld das Leben leicht. Die Zinsen wurden runter gefahren und nicht wieder angehoben, dadurch war ständig zuviel Liquidität im System. Die alte Lehrweise „Der Markt heilt sich selbst – der Markt reguliert sich selbst“ funktionierte dann doch nicht so wie üblich. Die Risikoneigung wurde immer größer und das spekulative Element gewann immer mehr an Bedeutung.
Susanne Schmidt hat den Zusammenbruch als dicke Quittung beschrieben. Bei Bänkern sei das Risikobewusstsein aus dem Blickfeld gefallen – aber nicht nur bei den Bänkern. „Moral Hazard“ – ursprünglich ein Begriff aus der Versicherungswirtschaft der das Risikoverhalten von Versicherten beschrieb – bezeichnet heute allgemein die erhöhte Risikobereitschaft von Banken und anderen Finanzdienstleistern aufgrund einer implizierten Staatsgarantie. Es ist das Phänomen, das jemand der versichert ist, anders handelt als jemand ohne Absicherung. Man wird risikofreudiger – es kann einem ja nichts passieren. Die Bankwesen sind privatwirtschaftlich organisiert, aber ein funktionierendes Bankwesen ist ein öffentliches Gut und lebensnotwendig für die Marktwirtschaft. Ein Staat wird deshalb ein funktionierendes Bankwesen nicht pleite gehen lassen. Gewinne gehen an die Investoren, Verluste werden sozialisiert. Es sei eine neue Regelung notwendig, so Schmidt. Eine internationale Einigung um den Banken keine zu großen Schlupflöcher zu geben.
Die akute Finanzkrise ist offensichtlich vorbei, aber sie war zu kurz, als das die Finanzmärkte etwas daraus gelernt haben. In ihrem Buch warnt die Bankerin und Börsenkommentatorin vor dem nächsten großen Crash. Ein mahnendes Buch über einen Markt, in dem die Finanzelite weiter russisches Roulette spielt. Über Sorglosigkeit, Bequemlichkeit und was sich ändern muss. Ein spannender Abend mit der Autorin in der Burg, moderiert von einer hervorragend vorbereiteten Redakteurin – da erstaunte die lange Schlange nach Lesung und Interview vor dem Signiertisch nicht.