„Ein als lebenslustig bekannter junger Mann besucht nach längerer Abwesenheit einen hier wohnenden Freund, der nun mit Überraschung den Ehering an der Hand des Besuchers bemerkt. ‚Was?‘ ruft er aus. ‚Du bist verheiratet!‘ ‚Ja‘, lautet die Antwort: ‚Trauring aber wahr.'“ Mit diesem Wortspiel erzeugte Hellmuth Karasek am Donnerstagabend viele Lacher beim Publikum im Burghaus Bielstein.
Witz um Witz folgte – was beim Publikum viel Applaus und reichlich Lacher auslöste. Wenn jemand einen Witz in Gesellschaft erzähle, solle das beim Zuhörer ein Lachen erzeugen, so Karasek. Bei den Gästen schaffte er es immer wieder. Klappte es mal nicht auf Anhieb, setzte er an einer anderen Stelle an und erheiterte sie doch alle erneut. Aber er erzählte die Witze nicht nur. Er analysierte die verschiedensten Witzformen und wusste immer noch eine neue Ausführung dazu. Inspiriert durch gemeinsame Auftritte mit Dr. Eckart von Hirschhausen entstand die Idee zum Buch „Soll das ein Witz sein?“. Dabei haben die beiden unterschiedliche Begrifflichkeiten hinsichtlich des Witzes. Karasek findet Witze sind Geschichten die man erzählt. Eckhart von Hirschhausen sieht das anders – man erzählt Pointen. Aber – hauptsache man lässt sich anstecken von der gesündesten Infektionskrankheit der Welt: dem Lachen!
Neben dem Lachen gab es viel Wissenswertes von Hellmuth Karasek an diesem Literaturabend des Kulturkreises und der Buchhandlung Hansen&Kröger: Beispielsweise haben Witze kein Copyrigth. Das spricht dafür, dass sie Volkskunst sind. Witze leben von überraschenden Wendungen und zeigen fast immer einen Verlust an. Politisch braucht man sie hauptsächlich in Diktaturen. Sonst braucht man sie für die Aufhebung der Doppelmoral, wie bei diesem: „Wenn ich mit deiner Frau schlafe, sind wir dann blutsverwandt? Nein, sagt der andere, aber quitt“. Der Witz stellt zudem die Logik auf den Kopf. Auch in Tierwitzen wie diesem: „Kommt ein Mann mit einer dicken Kröte auf dem Kopf zum Arzt. ‚Wie ist denn das passiert?‘ fragt der Arzt. ‚Den habe ich mir eingetreten‘, antwortet die Kröte.“
Glossen und Kalauer, Freudsche Fehlleistungen und sonstige Versprecher – alles deckte Karasek ab und auf. Wenn es um die Kulturgeschichte des Witzes geht, durften natürlich auch einige seiner Lieblingswitze nicht fehlen. Seit seiner Jugend sammelt Hellmuth Karasek – Journalist und Schriftsteller – Witze in allen Varianten. Diktatorenwitze, jüdische Witze, Arztwitze, Irrenwitze, Männerwitze, Frauenwitze, Elefantenwitze – kein Lebensbereich, der nicht als Witz taugt.
Und da gibt es noch den Galgenhumor – der Humor des „Struwelpeters“. Paulinchen, die kleine Pyromanin, der Zappelphilipp mit dem ADS-Syndrom und der magersüchtige Suppenkasper. Lustige Geschichten? Mit drolligen Bildern? Witze der Schadenfreude, denn der Witz ist hier die schadenfrohe Gewissheit, die Angst abgewehrt zu haben, indem man auf dem Pfad der Tugend blieb.
Auch eine wahre Geschichte von Reich-Ranicki kam mit ins Programm. Als dieser beim „Literarischen Quartett“ über ein Buch von Walser herfiel, donnerte es über ihm – sie saßen unter einer Glaskuppel – und da hob er seine Arme und seinen Blick zum Himmel und sagte: „Man wird doch wohl noch was über Walser sagen dürfen!?“ Jüdische Witze sind eigentlich die Urquelle des Witzes, verriet Karasek. Die Juden konnten sich lange nur durch den Witz retten und bewahren. Sie haben einen sehr hintergründigen Humor, da sie über ein außergewöhnliches Maß an Selbstironie verfügen. Da passt der Untertitel des Buches: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Und so lachten die Gäste bei Witzen aller Kategorien – von peinlich berührt, im Tiefsten bewegt, bis lustvoll gekitzelt. Ein Abend voller Witze und viel zu schnell zu Ende. „Trauring aber wahr“.
Vera Marzinski