„Ship Ahoy“ hieß es am Dienstagabend im Burghaus Bielstein. „Ship Ahoy“ ist Teil drei der Trilogie um Al Greenwood. Bereits zum zweiten Mal kam der Autor Tim Binding mit Max Tidorf und Margarete von Schwarzkopf zur Lesung nach Bielstein. Vor eineinhalb Jahren begeisterte „Fischnapping“ das Publikum in den alten Gemäuern – und auch Binding konnte sich noch gut an diese Veranstaltung erinnern.
Max Tidorf und Tim Binding – Foto: Christian Melzer
Aber was ist nun mit Al Greenwood passiert? Am Ende des letzten Buches stand er auf der Klippe und die Polizeisirene heulte. Mittlerweile lebt Al mit Emily Prosser, seiner ehemaligen Kunstlehrerin aus Knastzeiten, zusammen. Als glückliches Pärchen geben die beiden Kunstunterricht auf einem Kreuzfahrtschiff namens „Lady Di“. Leider währt die Idylle nicht lang. Max Tidorf versetzte die Zuhörer im Burghaus mit seiner rauchigen Stimme in die Szenen des Romans. Tidorf ist Jahrgang 1960, lebt mit seiner Familie in München und wurde durch zahlreiche Film- und Theaterauftritte bekannt. Dabei spielt er des Öfteren einen Fiesling – und auch Al Greenwood ist nicht unbedingt ein netter Mensch. Sollten Tim Bindings Al Greenwood-Romane verfilmt werden, wäre Max Tidorf die perfekte Besetzung. Er betörte während der Lesung mit seiner Stimme und auch seine Mimik war hervorragend. Bei den fiesen Spitzen im Text hatte er immer den passenden Gesichtsausdruck. Selbst Mrs. Duran-Deacon – eine Romanfigur – bringt er perfekt rüber. So in der Szene, als ihr eine Gräte während der Kreuzfahrt im Hals stecken bleibt.
Natürlich hat Tim Binding wieder so manche bekannte Personen und Dinge aus den beiden Vorgänger-Romanen eingebaut. Und dann gibt es noch die Kettensäge, die wie ein Knallfrosch hüpft und mit ihrem furchterregenden Gebiss Liegestühle wie Streichhölzer zersägt. Al Greenwood, der Bildhauer der sieben Meere, fertigt auf dem Kreuzfahrtschiff „Lady Di“ Figuren aus Holz mit einer Kettensäge. Mrs. Duran-Deacon hätte am liebsten einen „Weißen Hai“, der ihren Ehemann Gerald zwischen den Zähnen hält. Alles etwas bizarr. Es wird noch heftiger: diese ältere Dame, die einen Sturz über die Reling überlebt, fordert Al auf, ihren Ehemann zu ermorden. Und wäre das nicht schon genug: Audrey taucht auch wieder auf – die Ex-Frau von Al ist aus dem Gefängnis ausgebrochen.
Margarete von Schwarzkopf ist bei dieser Lesung in Bielstein wiederum ein Garant für gute Moderation und so erfährt das Publikum einiges über Buch und Autor. Sie selbst liebt an diesem Al Greenwood, dass seine Geschichten so großartig an der Realität vorbei schrabben. Doch nach der Trilogie um diese Romanfigur soll es in der nächsten Veröffentlichung von Tim Binding um Alice „Schnüffelnase“ Blackstock gehen. Die neugierige Nachbarin von Al ist bisher eine Randfigur gewesen und hat charakterlich und vielleicht auch optisch ein wenig von Miss Marple. Den Bielsteiner Gästen erzählte Binding, dass er gerade mit den ersten Seiten zum neuen Roman angefangen habe. Vielleicht verrät er in dem Buch noch einige Rezepte, denn in „Ship Ahoy“ kommen die „Cornish Pasty“ vor, eine kulinarische Spezialität aus Cornwall, die eigentlich nur dort gebacken werden dürfen, so Binding. Und keinesfalls mit Möhren – darauf bestand Tim Binding und natürlich auch seine Romanhauptfigur Al, der diese Teigtaschen im Roman bei einem Bäcker leider nicht so erhält, wie er sie mag.
Ziemlich vergnüglich ist die Geschichte um Al Greenwood – teilweise ein wenig grotesk. Aber nicht nur die Stimme von Max Tidorf fesselte die Zuhörer im Burghaus am Dienstagabend. Tim Binding schreibt einfach spannend und sehr unterhaltend. In seinen Büchern wimmelt es nur so von skurrilen Obsessionen.
Vera Marzinski
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Fotos: Christian Melzer