Einen naiven, ungeschickten, jungen Mann mit Kamera stellte Buster Keaton in seinem Film „The Cameraman“ dar. In dem MGM-Film aus 1928 tappt er von einem Fettnäpfchen ins andere. Die Bilder sprachen für sich, doch durch Stefan Heidtmanns brillanter musikalischer Untermalung bekam der Film noch eine spezielle Note. Dabei waren es eigentlich zwei Veranstaltungen in einer: der Stummfilm mit Buster Keaton und das Klavier-Konzert mit Stefan Heidtman – nur eben grandios vereint.
Fotos: Vera Marzinski
Stefan Heidtmann ist mit diesem Projekt schon eine Weile unterwegs. Erstmals zeigte er es im Burghaus Bielstein am Donnerstagabend. Solo am Klavier – denn so sei er am flexibelsten, sagt er. Spannungsvolle Untermalung und eigene Kompositionen mischt er dabei zu einem „ineinander-fließen“. Festgefügte Teile, die präzise auf die filmische Darstellung abgepasst sind, gepaart mit Improvisationen. Es geht Heidtmann nicht darum alles mit Effekten zu kommentieren, so beispielsweise ein Tritt vor das Schienenbein oder das Zerbersten einer Scheibe. Aber als Buster Keaton im Film hektisch und überdreht die Treppe rauf und runter läuft, weil er auf den Anruf seiner Angebeteten wartet, ist diese Aufregung und Verwirrtheit nicht nur visuell sondern auch klanglich durch das Klavierspiel wahrnehmbar.
Seit über sieben Jahren praktiziert Stefan Heidtmann solche Konzerte. Auch mal als Trio mit Bass und Schlagzeug dabei. Filme wie „Metropolis“ von Fritz Lang, der allerdings sehr monumental ist und Durchhaltevermögen erfordert, hat er schon „bespielt“. Oder auch „Von morgens bis mitternachts“ – ein expressionistischer deutscher Stummfilm von Karlheinz Martin aus dem Jahre 1920. Vor zwei Jahren konzertierte Stefan Heidtmann mit einer Stummfilmreihe in Köln. An der Musikhochschule Köln studierte der Bergneustädter Klavier und ist als Pianist und Komponist zwischen zeitgenössischer Kammermusik und offenem, europäisch geprägtem Jazz unterwegs. Auf dem eigenen Plattenlabel shaa-music veröffentlichte er zahlreiche Produktionen. Zudem initiiert er Projekte wie das „Stefan Heidtmann Project featuring Gerd Dudek, Reiner Winterschladen, Dieter Manderscheid und Klaus Kugel“ oder auch das “ Stummfilm & Piano“ – Filme aus der Stummfilm-Ära kombiniert mit aktueller Musik.
Denn als die Bilder laufen gelernt hatten, liefen sie zunächst allerdings ohne Ton. Wirklich „stumm“ war das Kino natürlich nie – Pianisten, ganze Orchester oder die so genannte „Kinoorgel“ sorgten für die musikalische Untermalung. Buster Keaton war ein Star des Slapsticks und für seine regungslose Mimik berühmt. Keaton zählte neben Charles Chaplin und Harold Lloyd zu den erfolgreichsten Komikern der Stummfilmzeit. In „The Cameraman“ will er die Gunst der hübschen Sally erlangen. Mit den Aufnahmen einer Straßenschlacht zweier rivalisierender Gangs im Chinesenviertel landet er letztendlich einen Riesenknüller. Der Film ist voller Gags und überraschender Einfälle. In Kombination mit Stefan Heidtmanns brillantem Spiel ein ganz besonderer Abend im Burghaus Bielstein.
Vera Marzinski